Wer jetzt an seine gesammelten Werke denkt…
Erich Kästner in der Nachkriegszeit
Die ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg waren Jahre der Hoffnung, dass nun endlich alles besser würde, Frieden, Menschlichkeit und Toleranz siegten. Diese Hoffnung gab Kraft – auch Erich Kästner.
Gleich nach der deutschen Kapitulation zog es ihn nach München, das sich als Treffpunkt der Intelligenz im südwestdeutschen Raum entpuppte. Hier trafen sich Schauspieler, Chansoniers und Autoren, um noch 1945 das Kabarett “Die Schaubude” zu eröffnen – und Erich Kästner war dabei.
In München etablierte die amerikanische Militärregierung auch “Die neue Zeitung”, mit der die jahrelang gleichgeschalteten Deutschen wieder an Politik und Kultur herangeführt werden sollten. Kästner war als Leiter des Feuilletons beteiligt.
In Stuttgart erschien im Rowohlt-Verlag die Jugendzeitschrift “Pinguin”, mit der die aktive Umerziehung der jungen Menschen angegangen werden sollte. Erich Kästner war von Anfang an als Herausgeber dabei, veröffentlichte eigene Texte und erreichte, dass die Zeitschrift gelesen wurde, und sei es nur, weil “Erich Kästner der Herausgeber war”.
Die Aktivitäten Kästners schienen nach zwölfjähriger Gängelung fast ungebrochen. Er stellte seine wichtigsten gesellschaftskritischen Gedichte in dem Buch “Bei Durchsicht meiner Bücher” neu zusammen und erinnerte im Vorwort an die Bücherverbrennung 1933, um seinem eigenen Anspruch – Zeugnis abzulegen – gerecht zu werden.
Bald schon erkannte Kästner allerdings, dass viele seiner Hoffnungen sich nicht erfüllen würden. Artikel schienen nichts bei den Menschen bewegen zu können. So gab er 1947 die Redakteurstätigkeit bei der “Neuen Zeitung” und 1948 die Herausgeberschaft des “Pinguin” auf und widmete sich verstärkt dem Kabarett und der Aufarbeitung vorhandener Schriften für die Veröffentlichung.
© Dr. Birgit Ebbert • www.kaestner-im-netz.de
(Der Text habe ich 1998 geschrieben für das dtv-Magazin zum 100. Geburtstag von Erich Kästner.)